Chamonix 2014 - Tour Ronde

Mitte der Woche, besser gesagt ab Donnerstag bis zum Ende unserer Chamonix-Woche hatte der Wetterbericht beste Aussichten zu bieten. Nun kam es bei den Tourenplanungen vor allem noch auf die Verhältnisse an. Schnell waren im Maison de la montagne die entsprechenden "üppigen und aktuellen" Informationen eingeholt und eine kleine Truppe (Sigi, Stephan R, Helmut und ich) entschieden über den weiteren Verlauf der Woche. Nachdem das Whympercouloir an der Aiguille Verte "demokratisch" ausgeschlossen wurde (für Sigi hoffe ich, dass dort auch die nächsten Jahre noch Firn und Eis vorhanden ist!), war die Entscheidung gefallen: Am Freitag wird die Nordwand der Tour Ronde (3792m, 60°, D-) angegangen! Auch Andi Neher und Daniel Obermayr hatten sich diese Nordwand ausgesucht;

Tour Ronde Nordwand

die Rucksäcke waren schon gepackt und somit konnten wir 6 mit der Midibahn nach oben fahren und alle gemütlich über den Gletscher zur Turiner Hütte laufen....alle? Nein, fast alle...Daniel und Andi zogen es vor, die Nacht im Zelt in der Nähe des Wandfußes zu verbringen, die anderen 4 blieben die Nacht auf der Hütte. Freitags früh um Viere war es dann soweit: Aufstehen und Frühstück, nochmal jeder auf's Klo und dann war Abmarsch um 5.15 Uhr. Ein kalter, starker Wind begrüßte uns vor der Hütte...Stephan meinte, das sei ein gutes Zeichen - ich konnte es ob der Kälte im Gesicht nicht ganz glauben - aber er sollte Recht behalten. Eine knappe Stunde später trafen wir uns mit Andi und Daniel am Wandfuß, seilten in Dreierseilschaften an und stiegen in die ungespurte, mit 10cm Neuschnee versehene Wand ein. Die "Brücke", über welche wir den Bergschrund leicht überwinden wollten, stellte sich als statische Fehlkonstruktion heraus - denn schon beim dritten Alpinisten brach diese einfach ein: zum Leidwesen desselben und zur (späteren) Belustigung der Anderen! Nachdem alle Seilschaften den Bergschrund überwunden hatten folgte eine mühsame Stapferei und das Anlegen einer ersten Spur für diesen Tag im Neuschnee in ca. 50° steilem Gelände - bis zum ersten Standplatz vor der Schlüsselstelle. Im bis circa 60° steilen "Flaschenhals" stieg Daniel und Stephan souverän mit wenigen Zwischensicherungen vor!

Eisschlauch
Stephan im Vorstieb
Security-Man Helmut

Zahlreiche unangenehme Spindrifts und einen kurzen Versteiger am Ende dieses Eisschlauchs später waren wir sodann auch gleich wieder auf der richtigen Route und konnten das zweite Eisfeld bald darauf am laufenden Seil machen - das Gelände flachte hier wieder auf vielleicht gut 50° ab. Die im alten Topo von Rebuffat aus den 50er Jahren beschriebenen 45° hat es dort oben aber sicher nicht - die Klimaerwärmung zeigt hier (leider) ebenfalls deutliche Spuren... Zum Ende des Eisfeldes bauten wir nochmals Stand an guten Rissen, Daniel spurte zum Schluss den verwechteten Firngrat, auf dessen anderer Seite das Südwestwandcouloir nach oben zieht und kurze Zeit später standen wir nach unschwerer Kletterei auf dem Gipfel inmitten eines traumhaften Panoramas...ein "kleiner" Berg mit großem Ausblick: Vom Mont Blanc bis zur Aiguille Verte, von Grandes Jorasses bis zur Aiguille du Midi... Nach kurzer Gipfelrast befanden wir uns bald auf dem Abstieg über den wenig schwierigen Normalweg und auf dem Weg zurück zu den Zelten und zur Helbronner-Bahn respektive zur Turiner Hütte. Ein Blick zurück bevor die Tour Ronde hinter dem nächsten Felseck verschwindet lässt mich folgendes Fazit ziehen: Eine wahrlich schroffe, abstrakte Berggestalt, eine tolle Tour, nicht zuletzt auch für ambitionierte Einsteiger ins Eis, und obgleich ihre Nachbarn sie um teils über 1000hm überragen ist "La Tour Ronde" eine äußerst lohnende Tour! Besten Dank nochmals an die "Spurer"!

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