26.9.2015 bis 1.11.2015
Schon zwei Jahre darüber geredet sollte es also nun Wirklichkeit werden.
Mit Stefan Tauscher (DAV Oberstdorf), Uwe Schneider (DAV Kempten) und mir, Stefan Heiligensetzer (DAV Oy-Mittelberg und DAV Kempten)
wollten sich drei Camper einen Traum verwirklichen und die Ama Dablam (6856 m) besteigen.
Leider konnte Udo Sommer (DAV Kempten), der aktiv an der Vorbereitung beteiligt war aus beruflichen Gründen nicht mitreisen.
Schade, denn er wäre eine perfekte Ergänzung unseres kleinen Teams gewesen.
Von Anfang an stand nicht allein der Berg für uns im Fokus, sondern wir sahen die gesamte Reise als Highlight unseres bisherigen bergsteigerischen Daseins.
Bietet Nepal doch vieles mehr als nur hohe Berge.
Die Kultur, die Menschen und neue Landschaften machen eine solche Reise erst zum fantastischen Gesamtpaket -
wenngleich natürlich die geplante Besteigung zweier 6000er, des Kyajo Ri mit 6168 m und der Ama Dablam als grandiose Bergziele das i-Tüpfelchen eines gelungenen Trips sein würden.
Anfang Oktober erreichten wir Kathmandu und trafen Pemba, meinen Freund und schon öfter Weggefährte auf Nepal-Trekkings.
Mit seiner kleinen Agentur hat er alles für uns organisiert, was Träger, Zelte und Fixseile anbelangt.
Schon am Tag darauf ging es nach Lukla, welches uns mit einem Sherpa Bier und Starbucks begrüßte. Die Entwicklung geht auch hier weiter ..
Zwei Tage wanderten wir gemütlich nach Namche Bazaar, Ausgangspunkt aller Expeditionen im Khumbu Gebiet und begannen schon langsam mit unserer Akklimatisation.
Vom Erdbeben zerstörte Häuser gaben einen Eindruck wie heftig dieses Ereignis wohl gewesen sein muss. Aber auch wie fleissig die Nepali schon wieder am Aufbau sind.
Obwohl erst ein halbes Jahr her, war die Infrastruktur schon wieder voll zurück und als Tourist bemerkte man keine Einschränkungen.
Aber vieles blieb auch erhalten und so konnten wir erste Eindrücke in Klöstern gewinnen, stolze Stupas und gewaltige Manisteine begleiteten unseren Weg und der Trek nach
Namche Bazaar und anschließend in das einsame Tal des Kyajo Ri wurde nicht nur zu einem landschaftlichen Erlebnis sondern auch eine Eintauchen in die fremde Kultur und Religion.
Nach einigen Trekkingtagen erreichten wir das Kyajo Ri Highcamp auf über 5.000 m.
Während ich und Uwe gut mit der Höhe zurecht kamen, musste der andere Stefan doch erheblich mit der Akklimatisation kämpfen
und konnte nur bedingt an der Vorbereitung der Besteigung teilhaben. Einige Tage ließen wir uns Zeit, bevor wir das erste Ziel angingen.
Gleichzeitig mit uns war auch noch eine Gruppe des Summit Club unterwegs und Pemba half deren Sherpas Fixseile am Berg zu verlegen.
Dann endlich ging es los. Zumindest für Uwe und mich. Tauscher Stefan musste aufgrund immer noch nicht ausreichender Akklimatisation passen.
Schade, aber gesundheitlichen Schaden zu vermeiden steht immer noch an erster Stelle!
Ein früher Start führte uns vorbei an See und gefrorenen Wasserfällen zur Scharte auf ca. 5.800 m.
Es lief problemlos, wir freuten uns über die perfekte Akklimatisation und konnten die erste Felsbarriere der Gipfelflanke angehen.
Klettereien mit Steigeisen in Granitplatten ungefähr im 4./5. Grad waren durch Fixseile entschärft worden und machten richtig Spaß.
Auf der anschließenden Firnflanke bis 60° sparten wir uns dann die Benutzung der Fixseile, die eh belegt waren von den schon wieder absteigenden Summit Clublern.
Und so standen wir um die Mittagszeit auf dem Gipfel - Pemba, Uwe und ich - und genossen den fantastischen Rundblick
der vom Parchamo über Cho Oyu und Everest bis Makalu und Ama Dablam reichte. Auch der Abstieg verlief problemlos und so waren wir "zum Kaffee" wieder im High Camp.
Nach diesem ersten Erfolg konnten wir uns nun auf die Wanderung zurück nach Khumjung machen.
Mit der abnehmenden Höhe ging es auch Stefan zunehmend besser und die Hoffnung stieg, dass er für die Ama Dablam fit sein würde.
Nach einem Erholungstag in Khumjung, einer Kloster- und Hospitalbesichtigung und einem Bier im 400 m tiefer gelegenen Namche Bazaar
starteten wir wieder durch zu unserem nachsten Ziel, dem Ama Dablam Base Camp auf ca 4.600 m Höhe gelegen.
Eine Übernachtung in Pengboche mit Besuch im Kloster ist Pflicht auf diesem Weg. Denn der dortige Lama hält dann am Morgen eine Puja für das Expeditionsteam ab.
Gegen eine kleine Spende betet er im Kloster für die Expedition und erbittet von Buddha und den Göttern Segen, Glück und gesunde Rückkehr.
Eine beeindruckende Zeremonie für uns und alles andere als alltäglich.
Das Base Camp empfing uns kalt und neblig - und leer. Wir waren tatsächlich die ersten in dieser Saison, die hier aufschlugen.
Nicht schlecht dachten wir, dann ist wenigstens Platz am Berg. Es dauerte noch ein paar Tage mit kleinen Akklimatisationswanderungen, bis das Wetter besser wurde
und wir ein erstes mal starten konnten, um im High Camp und Camp 1 (ca 5.900 m) zu übernachten und dort Material und Zelte zu deponieren.
In beiden Nächten schneite es und so wachten wir in Camp 1 völlig eingeschneit auf. Damit hatten wir nicht gerechnet, waren wir doch nur mit Halbschuhen hier hoch gestiegen.
Die Eierei im Abstieg über die verschneiten Felsplatten gestaltete sich entsprechend.
Zurück im Base Camp bauten wir das Toilettenzelt in eine Dusche um (Toiletten gibt es fix am Base Camp) und genossen den Luxus.
Wieder einige Tage warten war angesagt. Dann starteten wir den ersten Versuch.
Pemba, beide Stefans und Uwe stiegen begleitet von Ang Chetar, der unbedingt einmal dort übernachten wollte, zu Camp 1.
Fixseile und Kletterseile hatten wir dabei, um die schwierigen Passagen oberhalb von Camp 1 fixieren zu können
und im steilen Gipfelbereich die Möglichkeit zu haben, im Alpinstil zu klettern und zu sichern.
Am nächsten Morgen jedoch, kam die katastrophale Nachricht aus dem Zelt unserer beiden Sherpa: Ang Chetar ist krank!
Kreidebleich und völlig geschwächt blinzelte er aus dem Zelt. Schnell war klar, hier entwickelt sich ein Höhenlungenödem.
Also Abbruch, Abstieg und ein sicheres nach unten Begleiten unseres lieben Freundes.
Inzwischen waren einige weitere Expeditionen angekommen und die Sherpas begannen mit dem Verlegen von Fixseilen am Berg.
Jede Saison wird der Berg ja komplett bis zum Gipfel mit Fixseilen versehen, damit ein sicherer Auf- und Abstieg für die Expeditionsteilnehmer möglich wird.
Aufgrund dieser Tatsache beschlossen wir, beim nächsten Versuch auf eigene Seile zu verzichten, sondern quasi zeitgleich mit den versichernden Sherpa aufzusteigen und das Fixseil zu nutzen.
Die waren einverstanden. Eine schlechte Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte!
Wieder ging es für uns vier (Pemba, 2 x Stefan, Uwe) zum Camp 1 und dann weiter zu Camp 2. Wir durften die dort schon stehenden Zelte einer Kobler Expedition nutzen
(hierfür an dieser Stelle dem Bergführer und den Teilnehmern dieser Expedition eine herzliches Dankeschön!) und konnten so etwas entspannter unterwegs sein.
Die Kletterei zu Camp 2 über Felsen und Firn ist schön und an den Fixseilen problemlos, sind doch Schwierigkeiten bis in den oberen 5. Grad zu bewältigen.
Camp 2 präsentierte sich so, wie man es aus Erzählungen kennt - eng. Gerade mal vier, fünf Zelte finden leidig Platz und wir konnten uns gut vorstellen,
dass das später mit all den Expeditionen eine logistische Herausforderung wird. Wir teilten uns den Platz nur mit den fixierenden Sherpas.
Vereinbart war Start um 5 Uhr. Nach einer kalten Nacht schlüpfte ich also rechtzeitig aus dem Zelt, schmolz Schnee und fing an das Frühstück vorzubereiten.
Leider jedoch rührte sich bei den Sherpas nix. So vergingen die Stunden und ich musste meinen innerlich aufkommenden Arger wirklich im Zaum halten.
Denn wir hatten ausgemacht, dass die fixierenden Sherpa vorne weg gingen und wir Abstand hielten, damit sie vor Stein- und Eisschlag geschützt sind.
So kamen wir schlussendlich erst um kurz vor Acht an den Start. Wertvolle Zeit, die uns später fehlen sollte.
Aber zunächst erwartete uns spannende Kletterei an Fels und im Firn. Mit immer toller werdender Aussicht. Wir waren nur noch zu dritt.
Stefan fühlte sich nicht wohl und dem Aufstieg gewachsen. Schweren Herzens entschloss er sich zur Umkehr.
Für uns lief es gut, wenngleich aufgrund der Höhe, wir nun doch wesentlich langsamer wurden.
Das Wetter spielte jedoch momentan mit, wenn auch offensichtlich wurde, dass gegen Nachmittag mit Wolken und vielleicht auch etwas Schneefall zu rechnen sein wird.
Immer wieder mussten wir warten, dass die versichernden Sherpa mit ihrer Arbeit fertig sind und es weiter ging.
Die Zeit verrann zusehends und um 15.30 noch erheblich unter dem Gipfelsattel überlegten Uwe und ich, ob es nicht Zeit wäre umzukehren.
Dass wir beim Abstieg in die Nacht kämen, war jetzt schon klar und das Abseilen an den zT schlechten Fixseilen bereitete uns Sorgen. Doch wir machten weiter.
Bis dann - geschätzt 50 m unter dem Sattel - wir auf den letzten Sherpa stießen. Der meinte nur "Sorry - rope is finished!".
Inzwischen war es 16.30 Uhr. Wir berieten uns mit Pemba, schätzten die Lage von Eis und Firn im letzten steilen Stück ein und beschlossen,
dass uns das ohne Ausrüstung zu gefährlich und zeitintensiv ist, jetzt noch auf den Gipfel zu steigen. Zudem waren viele Wolken und immer wieder Schneeschauer unterwegs.
So mussten nun auch wir hier schweren Herzens "den Gipfel erklären" und machten uns an den Abstieg in die kommende Nacht.
Alles ging gut beim Abstieg und nach 2000 Uhr - früher wie gedacht erreichten wir Camp 2.
Noch eine kalte Nacht, dann ging es über Camp 1 wo Purna unser Koch mit Kaffee und Snacks auf uns wartete zurück ins Base Camp.
Im Basecamp begrüßte uns freudig unsere Nepali Mannschaft. Für sie waren wir erfolgreich und dementsprechend feierten sie uns mit Kuchen und Rum.
Und wir? Enttäuscht? Nun, irgendwie ja und nein. Schlussendlich glauben wir aber die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Darüber konnten wir auf dem Rückweg nach Namche Bazaar und Lukla nun ja genügend reflektieren.
Fazit:
Was nimmt man mit als Erfahrung und Gelerntes? Eine Expedition ist eben eine Expedition, Garantie auf vollen Erfolg kann es nicht geben.
Die fehlenden Meter lassen sich verschmerzen. Gelernt haben wir aber, dass einen Tag länger warten unsere Aussichten ganz oben zu stehen erheblich gesteigert hätte.
Wir hätten problemlos früh starten können und die Fixseile wären vollständig verlegt gewesen.
Und beim nächsten mal würde ich dann doch noch ein Kletterseil einpacken. Hinterher ist man halt immer gescheiter.
Das Abenteuer war auf jeden Fall perfekt - auch bei fehlenden 50 Metern ..
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